Ausblick auf 2022
Richten wir den Fokus auf 2022, ist das Thema der Verzinsungsannahme unausweichlich. Aber warum?
Die überwiegende Mehrheit der Pensionskassen hat sich in den letzten Jahren ihrer Verantwortung gestellt. Sie senkten sowohl ihren technischen Zinssatz als auch ihre Umwandlungssätze und führten teilweise Generationensterbetafeln ein. All diese Entscheidungen trugen dazu bei, dass die Mindestrendite abnahm. Parallel dazu war die Anlageperformance über die letzten Jahren hinweg hervorragend. All diese Faktoren führten zu einer deutlichen Verbesserung der finanziellen Lage der Pensionskassen. Einige bildeten Rückstellungen für zukünftige Zinsgutschriften und/oder wiesen sogar freie Mittel aus.
Aufgrund dieses Kontextes liegt es also nah, höhere Zinsgutschriften als in der Vergangenheit ins Auge zu fassen, und dies umso mehr, als die Inflation derzeit wieder ansteigt. Die jüngsten Entscheidungen der paritätischen Organe der Pensionskassen unterstützen diese Einschätzung. Unabhängig davon, wie die Annahme in der Vergangenheit festgelegt wurde, so lag sie traditionell nie weit weg vom BVG-Zinssatz, was durch das tiefe Zinsniveau und die hohe Mindestrendite infolge der hohen technischen Parameter (technischer Zinssatz; Umwandlungssatz; etc.) gerechtfertigt werden konnte. Heute sieht die Situation aber ganz anders aus: Die Mindestrenditen sind gesunken, die finanzielle Lage hat sich überall verbessert und die Zinssätze sind gestiegen. Daher könnte folglich angenommen werden, dass die Verzinsung der Altersguthaben mittelfristig näher an der erwarteten Rendite der Anlagestrategie liegen könnte, als dies in der Vergangenheit der Fall war.
Realistischerweise könnte auch angenommen werden, dass die erwartete Nominalrendite der Anlagestratege je nach Aktienquote in einer Bandbreite von 1,75 bis 3,75 Prozent liegen wird. Daraus folgt, dass die Annahme eines zukünftig gutgeschriebenen Nominalzinses von nahezu 1 Prozent möglicherweise nicht mehr die bestmögliche Einschätzung der Zukunft darstellt, und dies insbesondere, weil viele Pensionskassen Rückstellungen für zukünftige Verzinsungen gebildet haben oder freie Mittel auswiesen.
Eine Anpassung der Verzinsungsannahme nach oben wird sich unweigerlich in einer Erhöhung der dynamisch bewerteten Verpflichtungen ausdrücken. Das ist einerseits zwar gerechtfertigt und notwendig – die CFOs werden die Annahme wohl oder übel aber überprüfen müssen. In diesem Kontext sollten auch andere Annahmen überprüft werden.
Wie bereits angedeutet, könnte durch die Rückkehr der Inflation eine Überprüfung der Annahme bezüglich der Lohnentwicklung erforderlich sein. Es ist wahrscheinlich, dass der Anstieg der Inflation mit einem Anstieg der Diskontierungssätze einhergeht, wodurch die dynamisch bewerteten Verpflichtungen sinken würden. Zwischen dem 1. Januar und dem 31. März stiegen die Sätze um etwa 100 Basispunkte (und erreichten damit den höchsten Stand seit 2014), was zu einer Abnahme der dynamisch bewerteten Verpflichtungen um 12 bis 18 Prozent je nach Duration führte. Im Verlauf dieser drei Monate wurde oft beobachtet, dass die Anlagen der Pensionskassen Ende März ebenfalls eine negative Performance von 4 bis 6 Prozent aufwiesen. Daher kann angenommen werden, dass sich die finanzielle Lage seit Jahresbeginn aus Sicht der Rechnungslegungsnormen nach drei Monaten verbessert hat.
Zinsentwicklung und Performance können nicht losgelöst von den tragischen Ereignissen in der Ukraine betrachtet werden. Die Entwicklung der Zinssätze muss beobachtet werden: Ist sie einer Erhöhung des Kreditrisikos zuzuschreiben, könnte sie zu einem höheren unternehmensspezifischen Ausfallrisiko (Verlust des AA-Ratings) und damit zu einer Änderung des Anleihenkorbs führen, der bei der Festlegung der Diskontierungssätze berücksichtigt wird.
Die Annahme bezüglich der Kapitaloption bei Pensionierung (in der Regel 15 bis 30 Prozent) sollte ebenfalls unter die Lupe genommen werden. Es ist wahrscheinlich, dass die in den letzten Jahren beobachtete Senkung der Umwandlungssätze, die höheren Renditeaussichten und die in einigen Kantonen gesunkene Besteuerung der Kapitalleistungen das Verhalten der Versicherten bei ihrer Pensionierung beeinflussen könnten: Diese könnten sich in Zukunft häufiger für Kapitalleistungen entscheiden. Eine Erhöhung dieser Annahme würde in den meisten Fällen eine Abnahme der dynamisch bewerteten Verpflichtungen bedeuten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die finanzielle Lage und die technischen Parameter der Pensionskassen in den letzten Jahren bedeutend verbessert haben, genauso wie die langfristigen Aussichten für die nominalen Anlagerenditen. Dieser neue Kontext bedeutet, dass einige der in der Vergangenheit getroffenen Annahmen (insbesondere die Verzinsung der Altersguthaben) überprüft werden müssen. In einem Umfeld, in dem die Anforderungen an die Revisionsfirmen immer höher werden, muss sichergestellt werden, dass die getroffenen Annahmen immer noch die beste Einschätzung der Zukunft darstellen.
Die Berater von Aon stehen Ihnen weiterhin gerne zur Verfügung, um Sie bei diesem Prozess zu unterstützen.